Ewald Kaven: "Denn
einmal kommt der Tag, dann sind wir frei ..."
DDR-Strafvollzug in Bützow-Dreibergen.
Herausgegeben von Hans Hesse. Essen 2004.
Inhalt
Verfolgung und Widerstand der Zeugen
Jehovas unter der SED-Diktatur Eine Einführung
von Hans Hesse - 5
Forschungsstand - 10
Verfolgung und Widerstand
- 12
DDR Strafvollzug in
Bützow-Dreibergen - 16
Der Erinnerungsbericht von
Ewald Kaven - 20
"Denn einmal kommt der Tag,
dann sind wir frei ..." von Ewald Kaven - 23
Prolog
- 24
I. Die Verfolgung beginnt - 26
II. Verhaftung und Untersuchungshaft - 36
III. Verurteilung in Rostock - 55
Auf der Abgangszelle nach
Bützow-Dreibergen - 62
IV. Strafvollzugsanstalt
Bützow-Dreibergen - 65
1954
Die Einlieferung - 65
Erlebnisse im Keller vom
B-Flügel - 73
"Absonderung" - 79
Besuch von Gretel - 89
Zur Arbeit eingeteilt - 94
1955
Wieder ein Bett - 100
Austausch von geistigen
Speisen - 102
Hoffnung auf Entlassung - 102
Schüsse auf dem Hof - 104
Als Meister eingesetzt - 105
Heizungsanlage - 106
Apfelsinen - 108
Beim Zahnarzt - 108
1956
Firmenwechsel
- 109
Vorzeitige Entlassung
beendet - 111
1957
Taschenmesser
- 113
Stasi sucht Wege - 114
Zum Schutze des Friedens - 115
Briefe im Kopfkissen - 116
1958
"Musterzelle"
wohnen im B-Haus - 118
Arrest und erneute
"Absonderung" - 119
Wieder zur Arbeit - 124
Geistige Speise und
technischer Leiter - 124
Beinleiden - 126
Folterzelle - 126
1959
Verpflegung
- 127
1960
Amnestie - 129
Stasioffizier macht
Vorschlag - 131
Die letzten bangen Tage - 134
Letzte Drohung vom
Politoffizier - 137
IV. Mit dem Zug nach Berlin und
Umstellung - 138
Epilog
- 139
Die Verfolgung der Familie
Schoknecht aus Bützow von Falk Bersch - 141
Als Zeugen Jehovas im
Nationalsozialismus - 142
Verfolgung in der DDR - 145
Nach der Haft - 149
Biografische Angaben zu den durch
die Haft in Bützow-Dreibergen verstorbenen Zeugen
Jehovas von Falk Bersch - 149
Ernst Hartig
- 153
Paul Jüttner - 155
Albert Maske - 155
Helmut Melchert - 157
August Müller - 158
Walter Sass - 158
Emil Schultz - 159
Glossar
- 161
Literaturverzeichnis - 163
ZITATE
[S. 20]
Der Erinnerungsbericht von
Ewald Kaven
Ewald Kaven wurde am 5. Dezember 1924 in Retelsdorf
bei Schönberg (an der westlichen Grenze
Mecklenburg-Vorpommerns gelegen) geboren. Sein Vater und
seine Mutter waren ebenfalls in dieser Gegend geboren
worden. In Retelsdorf [S. 21] arbeitete
der Vater als Landarbeiter. Seine Eltern starben früh.
Der Vater bereits 1934, die Mutter 1938, so dass der
Junge bei seinem Halbbruder in Schönberg aufwuchs. Als
Junge trat er der Hitler-Jugend bei. Als er zu Anfang des
Krieges eine Lehre beginnen sollte, wurde er Schmied,
obwohl sein Wunschberuf Schlosser war. Nach der Lehre
verpflichtete er sich 1942 bei der Wehrmacht zu einer
zwölfjährigen Dienstzeit. Er kam zur Marine und fuhr
ein Jahr auf einem U-Boot. Feindfahrten
musste er während des Zweiten Weltkriegs nicht
mitmachen. Der Bombenangriff auf Swinemünde gegen Ende
des Krieges, bei dem Tausende Zivilisten ums Leben kamen,
war für den jungen Soldaten der Wendepunkt in seinem
Leben. Die schrecklichen Erlebnisse ließen ihn nicht
wieder los, so dass er sich entschloss, nie wieder an
einem Krieg teilnehmen zu wollen.
Nach dem Krieg arbeitete er als Schlosser auf der
Werft in Wismar. Kurz nach Kriegsende, im Januar 1946,
kam Ewald Kaven mit den Zeugen Jehovas in Kontakt. Ihm
imponierte die entschiedene Haltung der Angehörigen
dieser Glaubensgemeinschaft, die sie während der NS-Zeit
eingenommen hatten, und so schloss er sich der
Gemeinschaft an. 1949 erfährt auch Ewald Kaven die
ersten Eingrenzungsversuche gegen die Zeugen Jehovas, mit
denen er seinen Erinnerungsbericht beginnen lässt.
Der Erinnerungsbericht ist aus der Perspektive eines
Beobachters geschrieben, der eine für ihn fremde Welt
betritt und uns, die Leser, an seinen Erfahrungen
teilhaben lässt. Herausgerissen aus einem
normalen Alltag wird er in eine Umgebung
katapultiert, über die er zuvor nichts wusste. Ewald
Kaven lässt den Leser die Schritte dieser
diskriminierenden Kriminalisierung nachvollziehen.
Deutlich ist die Distanz zu spüren, mit der er über die
Erlebnisse schreibt, mit der er aber auch den Prozess
einer Anpassung an das Unumgängliche nachzeichnet.
Zugleich erfahren wir die Möglichkeiten und Grenzen
einer Selbstbehauptung hinter den Gefängnismauern.
Zu dieser Selbstbehauptung, die ihn seine Würde
behalten lässt, gehört auch der Fund eines Gedichtes,
das Ewald Kaven eines Tages in einem Strohsack entdeckt
und das mit den Worten beginnt:
"Gedicht von Bützow-Dreibergen
Dunkel und traurig ist der Himmel mit Wolken
verhängt,
als ob tiefe Trauer seine heitere Bläue
verdrängt.
Ein Zuchthaus ists, das menschliche
Willkür gefüllt,
worüber der Himmel sein Antlitz verhüllt."
Beiliegende Briefe ließen ihn vermuten, dass die
Autorin Meta Kluge hieß. Und der Inhalt des Gedichts
ließen Ewald Kaven sich sicher sein, dass es sich bei
der Autorin um eine Glaubensschwester handelte. Er lernte
das Gedicht auswendig, [S. 22] da
er die Briefe und andere Gedichte vernichten musste. Eine
Entdeckung hätte für beide Häftlinge schwere Strafen
nach sich ziehen können. Jahrzehnte nach seiner
Entlassung traf er Meta Kluge 1961 auf einem
Internationalen Kongress der Zeugen Jehovas in Hamburg.
Auch Meta Kluge hat einen Bericht über ihre Haftzeit in
Bützow-Dreibergen geschrieben, dessen Veröffentlichung
dem Buch von Ewald Kaven folgen wird.
Nach seiner Entlassung arbeitete Ewald Kaven als
Schlosser. In Berlin-Neukölln war er für die Zeugen
Jehovas als "Versammlungsdiener" tätig.
Hans Hesse
Hürth, im Sommer 2004
www.standfirm.de
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